… bis nach Purmamarca

2. Januar, Aufbruch gegen 10.30 h, Sonne, einzelne Wolken. Die geplante Schotterpiste Richtung Norden nach Londres ist nicht befahrbar, Teilabbruch der Strasse. Also fahren wir einen Umweg nach Andalgalá und nach einer Übernachtung geht es von dort hinauf auf 3000 m zur Mine Santa Rita. Diese Tour erleben wir zum ersten Mal als grenzwertig, es hatte angefangen zu nieseln und mit zunehmendem Nebel geht es hinauf bis zur Mine. Die Schotterpiste ist nicht viel breiter als unser Auto und links bzw. rechts geht es steil nach unten … ohne jede Begrenzung, Sicht nach vorn ca. 20 m, Schotterpiste aufgeweicht, Kurven nicht einsehbar. So schrauben wir uns hupend in Schrittgeschwindigkeit nach oben, wegen des Nebels bleibt uns der Blick in den Abgrund erspart! Oben angekommen werden wir freudig erwartet, die Verwalterin hatte bereits mit dem Fernglas nach uns Ausschau gehalten und im Hotel angerufen, um nachzufragen, ob wir überhaupt losgefahren sind, wie beruhigend. Die kleine Mine ist in Privatbesitz, hier wird der argentinische Rhodochrosit von acht Minenarbeitern abgebaut, die Hosteria liegt gegenüber vom Minenarbeiter-Camp. Am nächsten Tag strahlend blauer Himmel, wir machen eine Besichtigung des kleinen Bergwerk-Museums, ein stillgelegter Stollen, die Hosteria-Köchin gibt uns eine sachkundige Unterweisung in die Mineralien- und Halbedelsteinwelt. Wir fahren noch am gleichen Tag weiter nach Cafayate, weil unsere Gastgeber nicht eindeutig wissen, wie das Wetter wird. Es geht wieder über Schotterpisten und ausgetrocknete Flussläufe, durch eine beeindruckende Kakteenlandschaft. Kurz hinter Amaichá de Valle kommen wir zu einer Ruinenstätte der Quilmes-Indianer. Dieser kriegerische Stamm wurde erst am Ende des 35-jährigen Calchaqui-Krieges gegen die Indianer von den Spaniern durch aushungern besiegt. Die Spanier trieben ihre Pferde in die Maispflanzungen der Indios, die Überlebenden mussten in Fussfesseln bis in die La-Plata-Mündung laufen, wo sie dann in ihrer Zwangssiedlung ihr eigenes Aussterben beschlossen. Heute ist Quilmes ein Vorort von Buenos Aires und eine bekannte Biermarke!!!
Wir kommen nach Cafayate, dem Anbaugebiet u.a. der berühmten Weissweintraube Torrontés, die als einzige, exklusiv in Argentinien angebaute Rebsorte gilt. Nachmittags besuchen das Museo de la Vid y el Vino (Weinmuseum) in den Räumen der alten Bodega Encantada, hier wird man mit der Geschichte des Weins vertraut gemacht und erfährt gleichzeitig viel über das Mikroklima hier vor Ort, auf dem die gesamte Weinregion fußt. Anschliessend besuchen wir die Bodega Nanni, die direkt im Ort liegt, eines von 27 Weingütern in der Provinz Salta. Wir probieren natürlich einen Torrontés, der bei Nanni nicht im Holz ausgebaut wird, was uns sehr viel besser gefällt, da die Traube klarer zum Ausdruck kommt, leichte Note von Ananas, strukturierte Säure, sehr ausgewogen. Die begleitende Sommeliere erklärt uns, dass aufgrund gentechnischer Untersuchungen festgestellt wurde, dass es sich nicht um eine spanische Traube, wie allgemein angenommen, handelt, sondern um eine Muskattraube aus Alexandria, gekreuzt mit der Torrontés. Im Geschmack ähnelt sie der SauvignonTraube, hat aber weniger Säure und ist fruchtiger. Danach wird ein Rosé von der Cabernet Sauvignon-Traube verkostet, sehr schön und kräftig, danach ein Tannit, fruchtig, mit einer Spur von Nelke. Am Abend im Restaurant von der Bodega Nanni, trinken wir zur Vorspeise einen Torrontés und zum Filet einen Bonard Reserva 2010, intensive Nase, konzentrierte Frucht, sehr ausgewogen, geringes Tannin, voll im Abgang. Alles in allem: ein Genuss!
In Cafayate sind wir insgesamt vier Tage, bisher unsere längste Zeit an einem Ort. Im Zentrum des Ortes, auf der Plaza, gibt es zahlreiche Restaurant, wir geniessen die lauen Abende beim Asado und wunderbaren Weinen. Wir machen Abstecher in die Quebrada del Rio de las Conchas, eine der formenreichsten Buntsandsteinschluchten Argentiniens.
Nach Molinos, unserem nächsten Ziel, entlang am trockenen Flussbett des Rio Calchaqui, fahren wir jetzt in das Herzstück des Valles Calchaquies, wir sehen eine beeindruckende Landschaft mit bizarren Scheibengebirgen, unterschiedlichen Gesteinsschichten wurden hier zusammengepresst, gebrochen und gekippt, der Höhepunkt ist dann wirklich die Quebrada de la Flecha, man erahnt, welche Kräfte hier geologisch wirksam waren, unglaublich schön und respektvoll. In Molinos übernachen wir in der Hacienda de Molinos (www.haciendademolinos.com.ar), die ehemalige Residenz des letzten spanischen Gouverneurs, wunderschön restauriert mit einem großen Patio, direkt gegenüber steht die wunderschönen Kirche, beide Gebäude aus dem 18. Jhdt., Kolonialzeit. Es wird erzählt, das der ehemalige Hausherr der Hacienda sich am Hauseingang eine Außentreppe errichten liess, um von dort aus der Messe in der Kirche beizuwohnen, weil die Priester ihm den Zugang in Gotteshaus verboten hatten. Warum wohl?
Von Molinos geht es weiter am Rio Calchaqui, über das Dörfchen Seclantás auf kurvenreicher Strasse weiter nach Cachi, auf 2280 m, am Fusse des schneebedeckten Andengipfels Nevado de Cachi (6380 m). Die Gassen sind mit Flusssteinen gepflastert, die Hausdächer mit Kakteenholz gedeckt, eine lauschige Plaza mit der Kirche auf der einen Seite und Läden, Cafés und Restaurant rundherum. Am späten nachmittag treffen sich Einheimische, Touristen und viele Backpacker, es wird musiziert, gesungen und getanzt, herrlich. Am nächsten Tag wieder auf die Piste nach Salta …, allerdings wir kommen nicht weit, eine Polizeisperre erklärt uns, dass die Strasse nach Salta gesperrt ist, warum? Wir verstehen nicht so ganz und fahren nach Cachi zurück, schliesslich führen bekanntlich viele Wege nach Salta. Aber, auch hier, nach kurzer Fahrt: Sperrung! Und endlich sehen wir mit eigenen Augen warum, die Rallye Paris-Dakar führt u.a. über Cachi nach Salta und bleibt aus diesem Grund den ganzen Tag gesperrt, kein Entrinnen. Heinrich ist begeistert, begibt sich gleich auf den nächsten Hügel, um durch die Staubwolken die Autos zu filmen, ich stehe in der Mittagshitze und bin etwas genervt! Also eine weitere Übernachtung in Cachi, wir sind ja flexibel. Nach Salta geht es danndurch den Nationalpark Los Cardones, schwere Wolken hängen über dem Gebirgszug Tin-Tin, trotzdem eine beeindruckende Fahrt bis zur Passhöhe Cuesta del Obispo-Piedra de Molino, auf 3548 m Höhe und … welche Überraschung, wir sehen tatsächlich fünf Condore kreisen. Dann bergabwärts ins Valle Encantado, in die Ebene von Salta. Vorbei an Tabakfeldern kommen wir Im schwersten Regen in Salta an, endlich ist unser Auto mal sauber. Unser Hotel liegt sehr zentral, was bei diesem Regen allerdings auch keine grosse Hilfe ist. Durch unseren Zwangstag in Cachi haben wir in Salta jetzt nur noch eine Übernachtung, zuerst finden wir das schade, aber wir stellen fest, dass uns Salta nicht wirklich überzeugt und so geht es am nächsten Tag gleich weiter nach Purmamarca. Allerdings müssen wir auch hier wieder eine alternative Strecke fahren, weil ‚auf unserer Route‘!!! wieder mal die Rallye Paris-Dakar unterwegs ist. Eigentlich schade, denn es ist die viel schönere Tour, von der die Jungs eh‘ nichts haben. Purmamarca, auf 2200 m Höhe, liegt in der Quebrada de Humahuaca, die zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt wurde, es ist das Tal der sieben Farben, wie die siebenfarbigen Bergrücken hier genannt werden. Purmamarca ist ein klitzekleines, buntes Örtchen, voller Backpacker und Touristen, aber wirklich hübsch. Ein buntes Treiben auf der Plaza, rundherum lauter Verkaufsstände von Indios aus der Umgebung, Artesanias überall und in jeder Form: Figuren, Teppiche, Taschen, Pullover, Keramik …, alles, Empanadas inclusive. Wir entscheiden uns für zwei historische Figuren, die in der Indio-Cachi-Kultur Grabbeigaben waren, heute werden sie von den Indiofrauen aus alten Stoffen wieder hergestellt. Es macht Spass hier rumzugehen, die jungen Leute sitzen auf dem Rasen, machen Musik, singen und tanzen, echte Hippie-Atmosphäre, unglaublich. Wir sind in einer wunderschönen Hosteria El Amauta, in traditioneller Lehmbauweise erstellt, und direkt hinter unserem Hotel beginnt ein wunderschöner Panorama-Rundweg durch diese farbenprächtigen Berge von ca. 3 km Länge, der auch mich einlädt. Der nächste Anziehungspunkt ist dann Tilcara, hinein in die Humahuaca-Schlucht, auch dieser Ort touristisch gut erschlossen, ist er größer als Purmamarca, aber um diese Jahreszeit genauso gefüllt mit jungen Argentiniern. Von hier aus werden wir zurück über Purmamarca in zwei Tagen im Nordwesten, am Paso de Jama, die Grenze nach Chile überqueren.
Chauchito Argentina, bienvenidos Chile …

Ein Kommentar zu “… bis nach Purmamarca

  1. Liebe Maren, lieber Heinrich, „Difunta Correa“ ist wirklich beeindruckend und Eure Texte und Bilder auch. Dass Ihr auch mal was grenzwertig findet – welche Überraschung (Scherz)! Wann kommt Ihr eigentlich wieder? – ich habe manchmal Sehnsucht nach Euch!
    Grüße, Marita

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